Alles, was Energieversorger zum neuen Verbraucherschutzgesetz wissen müssen

 

Es besteht Handlungsbedarf

Mit Beginn des nächsten Quartals treten die ersten Aspekte des "Gesetz für faire Verbraucherverträge" in Kraft. Die Drucksache 19/30840 des Bundestags wurde am 24.06.2021 angenommen.

Seit dem ersten öffentlichen Entwurf vor zwei Jahren beschäftigen wir uns mit der Entwicklung dieses Gesetzes sowie dessen Auswirkungen auf den Energiemarkt. Wir haben regelmäßig über den jeweils aktuellen Stand des Gesetzes berichtet und hier nun die finale Version sowie einen Vergleich zum letzten Entwurf mit Stand zum 24.02.2021 dargestellt.

Diese Aspekte müssen Energieversorger nun besonders im Auge behalten:

§ 308 BGB: Abtretungsausschluss

  • als Veränderung anvisiert:
    • AGB-Klauseln werden nichtig, die Forderungsveräußerungen sowie ähnliche Rechteabtretungen ausschließen.
  • In Endfassung abgeändert:
    • Einschränkungen der o.g. nicht-Übertragbarkeit im Bereich von Zahlungsdienstleisterrahmenverträgen und Versorgungsleistungen i.S.d. Betriebsrentengesetzes.
  • Einschätzung:
    • Keine Veränderung für Energieversorger ggü. dem letzten Entwurf.
    • Energieversorger, die sich z.B. bzgl. der Auszahlung von Boni kundenunfreundlich verhalten, werden künftig deutlich häufiger mit rechtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert sein.

§ 309 Nr. 9 BGB: Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen

  • Bislang als Veränderung anvisiert:
    • Verträge mit mehr als einem und weniger als zwei Jahren Laufzeit muss ein Einjahresvertrag mit max. 25 % höherem Preis angeboten werden. (nicht mehr aktuell)
    • Automatische Vertragsverlängerungen sollen in der Regel nur noch drei Monate erfolgen, anstatt wie bisher bis zu einem Jahr. (nicht mehr aktuell)
  • In Endfassung abgeändert:
    • Zweijahresverträge sind weiterhin ohne weiteres möglich.
    • Verträge verlängern sich nach der Erstlaufzeit automatisch auf unbestimmte Zeit, müssen aber innerhalb eines Monats kündbar sein.
  • Einschätzung
    • In der Endfassung wurden gegenüber dem vorgehenden Entwurf Vereinfachungen durchgeführt, die teilweise der Unternehmensseite und teilweise der Verbraucherseite zugutekommen.
    • Der Grundgedanke im ersten Entwurf war es, Verbraucherverträge auf ein Jahr Erstvertragslaufzeit zu beschränken. Zwischendurch wurde dieser Vorschlag ersetzt durch ein Konzept, bei dem zum Angebot eines Zweijahresvertrags auch ein Einjahresvertrag, der nicht mehr als 25 % teurer als der Zweijahresvertrag sein soll. Das klingt so unhandlich, wie es wahrscheinlich gewesen wäre. In der finalen Fassung ist dieser Referenzvertrag nun gar nicht mehr enthalten. Zweijahresverträge sind also weiterhin grundsätzlich gestattet. Auf der anderen Seite können die Kunden nun innerhalb der Folgevertragslaufzeit nun monatlich kündigen.
    • In der Summe verändert dies die Kalkulationsgrundlage, da die Kunden in Zukunft nach dem Ende der Erstvertragslaufzeit jederzeit kündigen können. Einen Kunden ein Jahr lang weiterzubeliefern, weil er den Kündigungstermin verpasst hat, kommt dann nicht mehr vor.
    • Nicht angefasst wurde dagegen, dass "als zusammengehörig verkaufte Sachen sowie für Versicherungsverträge" nicht von diesem Paragraphen betroffen sind. Was bedeutet das für Bündelprodukte? Kontaktieren Sie uns gerne für weitere Informationen!

§ 312k BGB: Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr

  • Bislang als Veränderung anvisiert:
    • Der "Kündigungs-Button" kam noch nicht im Entwurf aus dem Februar vor.
  • In Endfassung abgeändert:
    • Versorger, bei denen online Vertragsabschluss möglich ist (auch über dritte Dienstleister), müssen künftig auch eine Schaltfläche anbieten, die ordentliche und außerordentliche Kündigungen ermöglicht. Diese Schaltflächen müssen "ständig verfügbar […] und leicht zugänglich" sein.
    • Der Versorger muss bei der Gestaltung der Schaltfläche zudem weitere prozessuale Schritte beachten und den Kundinnen und Kunden die Kündigung "sofort auf elektronischem Wege in Textform bestätigen".
    • Versorger, die bis zum Wirksamwerden dieses Paragrafen am 31.07.2022 diesen nicht umgesetzt haben, sollen damit sanktioniert werden, dass ihre Kundinnen und Kunden, ihre Verträge bis zur Umsetzung fristlos kündigen dürfen.
  • Einschätzung:
    • Dieser "Kündigungs-Button" ist im Gesetz eindeutig beschrieben und wird Verbrauchern die Kündigung erleichtern.
    • Es wird für Versorger wichtiger, Kundenrückgewinnungsmaßnahmen unmittelbar anzustoßen und aus der Kündigung eine Chance zu machen. Kontaktieren Sie uns gerne für weitere Informationen!

 

§ 7a UWG: Einwilligung in Telefonwerbung

  • Bislang als Veränderung anvisiert:
    • Ausdrückliche Zustimmung des Kunden muss vorliegen.
    • Der Nachweis der Einwilligung muss fünf Jahre aufbewahrt und auf Anfrage vorgezeigt werden.
    • Festsetzung einer Geldbuße von bis zu 300.000 Euro
  • In Endfassung abgeändert:
    • Keine Veränderung gegenüber vorherigem Änderungsentwurf
  • Einschätzung:
    • Valide und gleichzeitig bezahlbare Opt-ins zu bekommen, wird schwieriger. Dennoch sollte der Telefonkanal weiterhin hohe Priorität haben, weswegen Lösungen gefunden werden müssen. Kontaktieren Sie uns gerne für weitere Informationen!

 

§ 41 Absatz 1 Satz 1 EnWG: Energielieferverträge mit Haushaltskunden

  • Bislang als Veränderung anvisiert:
    • Verträge außerhalb der Grundversorgung müssen vom Kunden in Textform bestätigt werden.
  • In Endfassung abgeändert:
    • Keine Veränderung gegenüber vorherigem Änderungsentwurf
  • Einschätzung:
    • Das Textformerfordernis betrifft vor allem den Telefonvertrieb und wird die Kosten des Vertriebskanals erhöhen. Ob sich die Telefonakquise vor dem Hintergrund der neuen Regelungen (auch im Hinblick auf Opt-ins) noch lohnt, hängt sehr stark von der Umsetzung ab. Auch wer keinen aktiven Telefonvertrieb betreibt, wird sich aber kümmern müssen, da die Regelung auch bei Kunden gilt, die von sich aus anrufen. Kontaktieren Sie uns gerne für weitere Informationen!

Was ist jetzt zu tun?

Nachdem die Verbraucherschutzverträge in der Vergangenheit vor allem noch aufgrund ihres Entwurfsstatus eher theoretischer Natur waren, gingen Verabschiedung und das Inkrafttreten nun recht zügig vonstatten. Bei einigen Themen sind bereits jetzt kurzfristig Entscheidungen zu treffen, bei anderen muss die Umsetzung erst in einem Jahr abgeschlossen sein. Aber auch bei diesen Punkten ist es wichtig, frühzeitig die Strategie justiert zu haben. Versorger stehen jetzt u.a. vor den Fragen:

  • Inwieweit ist das eigene Geschäftsmodell betroffen?
  • Muss das Produkt- und Tarifangebot angepasst werden
  • Welche Anpassungen sind bei der Kundenbindungsstrategie notwendig?
  • Welche Punkte in den AGB müssen überarbeitet werden?

Stehen Sie vor eine oder mehrerer dieser Fragen? Wir haben für die verschiedenen Herausforderungen Lösungsansätze entwickelt und unterstützen Sie gerne bei der Anwendung auf Ihr Unternehmen.

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