Das war das Energievertriebsjahr 2017

Auch im Jahr 2017 war der deutsche Energiemarkt stark in Bewegung. Ein noch weiter intensivierter Wettbewerb führte zu noch mehr Tarifwahlmöglichkeiten für den Endkunden. Im Rahmen von „Energiemarkt Aktuell“ haben wir in diesem Jahr 77 Markteintritte neuer Anbieter oder Vertriebsmarken gezählt, die teilweise versuchen, durchaus innovative Produkte am Markt zu etablieren. Darunter ist bspw. die 4hundred GmbH, die am Monatsanfang einen Abschlag erhebt, aber anschließend täglich die Differenz aus dem Kontostand (Abschlag) vom Vortag und dem geschätzten Verbrauch des aktuellen Tages, sofern diese positiv ist, mit vier Prozent effektivem Jahreszins verzinst.

Nachfrage nach Ökostrom stagniert weiter

Wie die kürzlich veröffentlichte Ökostrom-Umfrage von Energie & Management sichtbar macht, stagniert die Nachfrage nach Ökostrom weiterhin. Auch die Anzahl der zertifizierten Tarife ist laut einer Analyse von Polarstern spürbar gesunken. Vielfach wird dafür der steigende Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energien am deutschen Strommix verantwortlich gemacht.  Einige Anbieter versuchen weiter mit „Regionalität“ zu punkten. Es zeichnet sich ab, dass der regionale Direkthandel von Ökostrom zwischen Verbrauchern und kleinen, dezentralen Erzeugern an Bedeutung gewinnt. Als Beispiel sind hier neue Marktplätze wie „enyway“, „Ortenau Energie“ oder „Tal.Markt“ zu nennen. Versorger fungieren dabei als Mittler und stellen die Versorgung sicher, wenn die Erzeugungsleistung der kleinen Produzenten zu gering ist. Das Jahr brachte auch Kurioses mit sich, wie bspw. den Fitnesstarif der WV, bei dem Kunden durch viel Bewegung Stromkosten sparen können. Schlagzeilen in Sachen neue Vertriebskooperationen machten im vergangenen Jahr u.a. yello durch seinen „Bild-Stromtarif“ und E.ON durch eine Kooperation mit Lidl.

Strategien zur Produktdifferenzierung

Der Trend, Tarife durch Prämien und über Produktbündel anzureichern, verstärkte sich 2017 weiter. Wie die Vertriebskanalstudie Energie 2017 von Kreutzer Consulting und Nordlight Research belegt, zeigen die Kunden ein hohes Interesse an solchen Produktbündeln, insbesondere dann, wenn es sich um hochpreisige begehrenswerte Hardware-Marken handelt. Von den Versorgern angeboten wurden in diesem Jahr iPads, Smartphones, Spielkonsolen oder Smart Home Geräte der neusten Generation, die vom Kunden in Form eines erhöhten Grundpreises und ggf. mit einer einmaligen Zuzahlung über die Mindestlaufzeit abbezahlt werden. Aber auch Effizienz- und Smart Home-Produkte werden immer häufiger in Kombination mit Tarifen angeboten.

Gibt es eine echte Flatrate?

Immer häufiger war in den letzten zwölf Monaten der seit etwa zwei Jahren diskutierte Begriff der Strom-Flatrate zu vernehmen. Dabei handelte es sich auf der einen Seite um ein sogenanntes „Prosumer-Produkt“. So legte bspw. die enviaM mit dem Tarif „REST STROM solar“ zu seinen PV-Produkten eine Flatrate für die Residualstromlieferung auf. Auf der anderen Seite fand das Wort „Flatrate“ vermehrt Anwendung für Stromtarife, die für ein Jahr lang gleichbleibend hohe Abschläge versprachen und auf die Nachzahlung verzichten. Eine Flatrate ohne jede Einschränkung gibt es hingegen noch nicht. Entweder gewähren die Anbieter nur eine eingeschränkte Preisgarantie, passen den Abschlag nach einem Jahr an oder der Kunde benötigt eben PV-Anlage und Speicher.

Das Vertriebsargument „Transparenz“ nutzten zwar Anbieter wie fresh energy, dessen Angebot sich vor allem an technikinteressiere Kunden richtet, die per Smart Meter und App ihren Strom- und Gasverbrauch stets im Blick behalten wollen. Die Verzögerungen beim Smart Meter-Rollout lassen aber den Schluss zu, dass derartige Produkte vorerst nicht im Massenmarkt ankommen. Die Suche nach tragfähigen Geschäftsmodellen auf Basis von Smart Meter-Daten geht unvermindert weiter.  

Angebot von Wallboxen und Autostrom nimmt zu

Bei der unaufhaltsam wenngleich nur langsam wachsenden Elektromobilität betätigten sich die meisten Versorger im Bereich der Ladesäuleninfrastuktur. Viele versuchen Privat- und Gewerbekunden von Autostromtarifen und Wallboxen zu begeistern. Zudem gibt es erste Versorger-Angebote zum E-Auto-Leasing.

Die zunehmende, aber sicherlich noch nicht zufriedenstellende Kompatibilität von Smart Home-Systemen unterschiedlicher Hersteller bedingt eine positive Absatzentwicklung. Laut Statista war ein Umsatzwachstum von 1.200 auf 1.800 Mio. Euro zu verzeichnen. PV-Anlagen wurden im vergangenen Jahr vermehrt im Rahmen von Community- oder Mieterstrom-Modellen beworben. Zwar bieten immer mehr Versorger Mieterstromlösungen für die Wohnungswirtschaft an, bis Jahresende wurden aber nur 18 Mieterstromanlagen gebaut. 

Digitalisierung des Kundenkontakts geht weiter

Ein wichtiges, alle Bereiche übergreifendes Thema war auch im Kalenderjahr 2017 die Digitalisierung. So lassen sich die hohen Kundenerwartungen hinsichtlich Service, Verfügbarkeit und Reaktionszeit inzwischen kaum noch über klassische Wege wie Telefon-Hotline und Kundencenter befriedigen. Um für den Kunden rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen, arbeiteten die Versorger mehr oder weniger intensiv an digitalen Schnittstellen. So können z.B. E.ON-Kunden seit Oktober mit „Alexa, klär das mal mit E.ON“ den Sprachassistenten von Amazon nutzen, um Zählerstände zu melden, Abschlagsänderungen vorzunehmen oder Fragen zur Stromrechnung zu klären.

Branchenfremde Player verschärfen den Wettbewerb

Ein weiterer wichtiger Trend spielte im vergangenen Jahr eine größere Rolle denn je: So unterstrichen die prominenten Strommarkteintritte von DB Energie und der Deutschen Telekom einmal mehr, dass auch in andere Branchen längst sektorübergreifend gearbeitet wird. Im Dezember 2017 ist es also höchste Zeit für jeden Versorger, über den Sektor-Tellerrand zu schauen! Auch wenn derzeit die Verbraucher den Versorger immer noch überwiegend aus Preis- und Kostengründen wechseln, machte das vergangene Jahr deutlich: sowohl die großen Versorger als auch branchenfremde Unternehmen drehen behände an anderen Stellschrauben. Welches Potential wir dabei für 2018 sehen, lesen Sie in unserer Dezember-Ausgabe von Energiemarkt Aktuell. Gern schauen wir auch für Sie über den Tellerrand und führen eine individuelle Potenzialanalyse durch. Sprechen Sie uns persönlich an!

Für die kommenden Feiertage wünschen wir Ihnen eine schöne und friedliche Zeit sowie einen guten Start ins Jahr 2018!

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